AUSBLICK AUF
DAS JAHR 2016
Der Milchmarkt befindet sich Anfang 2016 in einer anhaltenden Krise. Das wachsende Über-
angebot bei einer weltweit stagnierenden Nachfrage ist die Ursache für die Preismisere, die
immer mehr Milcherzeuger in Deutschland und Europa in Existenznöte bringt.
Mit hoher Wahrscheinlichkeit bleiben die Märkte über das
gesamte Jahr 2016 hinweg angespannt und unter Druck.
Die deutsche Milchwirtschaft erwartet ein schwieriges
Jahr. Die Märkte sind weiterhin durch ein großes Mengen-
angebot gekennzeichnet. Die Verkäufe von Magermilch-
pulver in Europa an die Intervention werden sich fortsetzen.
Auch bei Butter kann sich die Situation ähnlich entwickeln.
Eine Erholung kann erst eintreten, wenn Angebot und Nach-
frage auf den internationalen Märkten wieder im Gleich-
gewicht sind. Die Erzeugerpreise werden aller Voraussicht
nach nochmals deutlich unter dem Vorjahresniveau liegen.
Das Eintreten festerer Markttendenzen hängt von der
Anlieferungsentwicklung und den Exportmöglichkeiten
ab. Die Erfahrungen der Vergangenheit zeigen, dass die
Milchproduktion vor allem in Deutschland erst mit Zeit-
verzug auf die Preisentwicklung reagiert. Derzeit nimmt
die Milchproduktion sogar zu, weil viele Milcherzeuger
versuchen, den niedrigen Milchpreis über die Menge zu
kompensieren.
Ein Anstieg der Exportmengen nach China im Vergleich
zu 2015 ist möglich. Derzeit sind die dortigen Läger noch
immer voll mit Milchpulver, deshalb ist die weitere Entwick-
lung der chinesischen Importnachfrage unsicher. 2015
waren die chinesischen Importe umgerechnet in Milch-
äquivalente um 2,6 Mio. t gesunken.
Der russische Importstopp für Lebensmittel aus der EU
und anderen Ländern zieht eine anhaltend niedrige Import-
nachfrage Russlands nach sich. Eine Aufhebung der
russischen Sanktionen ist eher unwahrscheinlich. Und
selbst wenn der Importstopp aufgehoben wird, werden
mit hoher Wahrscheinlichkeit die zuvor gewohnten Import-
mengen nicht mehr erreicht. Die Kaufkraft der russischen
Bevölkerungen ist durch die Sanktionen der EU, hohen
Inflationsraten und den schwachen Ölpreis gesunken.
Als immer größeres Problem erweist sich der Verfall der
Öl- und Gaspreise. Dadurch fehlt erdölexportierenden
Ländern das Geld für Nahrungsmittelimporte. Hinzu
kommen die vielen Konflikt- und Kriegsregionen, wie z. B.
der nahe und mittlere Osten. Dorthin sind die Warenströme
behindert oder ganz unterbrochen. Viele Länder, die noch
vor wenigen Jahren als hoffnungsvolle Exportregionen
erachtet wurden, versinken heute im Chaos und werden
für viele Jahre als Nachfrager ausfallen.
Der deutsche und europäische Binnenmarkt ist zwar stabil,
aber nicht auf Wachstumskurs. Niedrige Preise für Milch
und Milchprodukte führen auf dem deutschen Markt zu
keinen nachhaltigen positiven Konsumreaktionen der
Verbraucher.
Die Weltmarktpreise für die wichtigsten Milchprodukte
sind im bisherigen Jahresverlauf 2016 auf den tiefsten
Stand seit 2009 gesunken.
Die Chancen der deutschen Molkereien, einen guten Milch-
preis zu erzielen, werden vor dem Hintergrund dieser
desaströsen Marktentwicklung im Jahr 2016 empfindlich
geschmälert. Die prekäre Lage wird im ife Rohstoffwert
Milch deutlich, der am Jahresanfang stark rückläufig ist.
Die in früheren Jahren durch die Milchquotenregelung in
Europa bedingten Bremsmanöver bei der Milchproduktion,
die oft sehr gut in das nachfragearme erste Quartal passten,
wird es nicht mehr geben.
Inwieweit EU-Agrarkommissar Phil Hogan im Milchbereich
über die Liquiditätsprogramme noch weitere Hilfsmaß-
nahmen für die Milchbauern einleiten wird, bleibt abzu-
warten. Bei allen Maßnahmen, die möglicherweise zur
notwendigen Unterstützung der Milcherzeuger in einer
für sie schwierigen wirtschaftlichen Situation ergriffen
werden, sollte jedoch darauf geachtet werden, dass sie
nachhaltig wirken.
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AUSSICHTEN 2016